Manche Bilder schauen einen an, andere öffnen sich wie ein Fenster. Die Bilder des Künstlers Juran Landt tun weder das Eine
noch das Andere, sie bringen den Blick vielmehr zum Schwanken, sodass sich eine vibrierende Dynamik entwickelt.
Das Denken lernt im vibrierenden Moment, im Sinne der Erschütterung, sich auf einer Oberfläche zu bewegen, die
keine genaue Richtung hat. Wenn man sich aber auf diesen Oberflächen zurecht finden will, dann muss sich der Körper
des Betrachtenden in Bewegung setzen und sich in das offene Spannungsfeld (elektrischer Raum) zwischen Werk-Künstler-Betrachtendem
begeben, in dem das Denk-Auge überrascht werden wird.
Es handelt sich nicht um Bilder, die man in Ruhe aus der Ferne betrachtet, sondern um Bilder, die geistige sowie körperliche Bewegung voraussetzten:
Zoom Out: ein Berg (Fuji?), ein Baum, ein Rahmen (?), ein Blitz.
Zoom in: ein Telegrafenheft, ein Tiger, Les Gran des Baigneuses, ein Zeitungsausschnitt.
Man muss sich von den Bildern entfernen und nähern, bücken und strecken, während das Auge rastlos vesucht,
sich in diesem offenen Netz von Verbindungen, Pfeilen, die ins Nichts weisen und Hinweisen, die keine Lösung haben, zu orientieren.
Ein schwarzes Quadrat könnte ein Hinweis auf ein verstecktes Bild oder ein Zitat sein. Eine zerbrochene Flasche kann
zu einem Gemälde von Giorgio Morandi führen. Doch was ist mit dem Zeitungsausschnitt einer Wetterprognose? Es sind
offene Elemente, die das Auge entdeckt und das Denken miteinander verbindet, sodass sich das Denk-Auge in einem Netz
verfängt, das manchmal ein Bild mit einem Gedanken, einen Text mit einem Symbol verbindet und manchmal zu einem Punkt
führt, an dem das Betrachten unterbrochen wird, verärgert oder überrascht, weil es nicht in der Lage ist, ein alles
zusammenhaltendes Band zu spannen, sondern an anderer Stelle der Netzoberfläche wieder neu ansetzten muss. Es handelt
sich um netzartige Bilder, die ein netzartiges Denk-Auge erfordern, das in der Lage sein muss, die unerwartete Spannung
zu erfassen, die durch den Kontakt zwischen dem Willen des Künstlers, des Betrachters und des Bildes selbst entstehen.
Dieser Kontakt kann eine Montage hervorbringen: eine labile, potenzielle und persönliche Verbindung zwischen den Betrachtenden
und dem Werk, in der eine Interpretation entsteht, eine Sinn-Verbindung, die einen etwas Neues entdecken und sehen lässt.
Ein Zustand der Stabilität, eine abschließende Erzählung, wird jedoch nie erreicht. Ein neues Element – ein Foto, ein Zeichen,
ein Wort – tritt in die Montage ein und das Netz beginnt sich wieder zu bewegen, sich neu zu positionieren, Verbindungen werden
hergestellt und andere unterbrochen, und der Betrachtende muss sich wieder in Bewegung bringen. Jede Montage ist vorläufig, jede
Interpretation potenziell: unendlich und offen wie die Visionen der verschiedenen Blicke, die in das Kraftfeld des Werkes eintreten.
In diesem komplexen Netzwerk, in dem das Werk und die Betrach-tenden zu verbundenen und dynamischen Punkten werden, ist der Künstler
selbst nur ein Punkt und seine Vision trägt nicht mehr Bedeutung in sich, als die Visionen aller Anderen. Er ist kein Regisseur,
er ist kein externer Erzähler, sondern genauso ein Navigierender – ein Spaziergänger – auf der Netzoberfläche. Es gibt kein Rätsel
zu lösen, sondern ein elektrisches Netz, das Werk, das Betrachtende und Künstler miteinander verbindet, sodass diese sich einander
nähern und abstoßen wie Punkte in einem Magnetfeld, ohne sich in eine kohärente und abgeschlossene Erzählung oder Vision zu integrieren.
Das Denk-Auge muss lernen, sich auf diesen instabilen Netzoberflächen zu bewegen; sich auf plötzliche Assemblagen und Montagen einzulassen,
die so flüchtig sind wie ein Blitzschlag. Diese lebendigen Bilder sind prekäre Bilder. Es sind elektrische Bilder.